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Bye bye Opferhaltung!

„Du Opfer!“ – das ist nicht nur ein Wort, das fixer Teil der Jugendsprache geworden ist und jemanden beschreibt, der hilflos, dumm, tolpatschig, in jedem Fall unterlegen ist. Das ist auch eine Rolle, die jeder von uns im Alltag immer wieder einnimmt.


Ich hab keine andere Wahl. Ich bin nicht Schuld, sondern die anderen, die Umstände, die Welt. Manchmal kommt sie uns allen gelegen – die Opferrolle. Wir lassen uns in die Gewissheit sinken, dass wir nichts tun können, sondern äußeren Umständen ausgeliefert sind. Das ist manchmal ganz schön bequem. Denn wenn ich keine Wahl habe, muss ich auch keine Entscheidungen treffen, mich nicht bemühen. Ich kann mich baden in Ausreden, Selbstmitleid und Schuldzuweisungen. Es ist einfach einfacher. Nur glücklich machen, das wird es uns langfristig nicht.



Aber warum gefällt sie uns dann so gut, die Opferrolle?

Zugeben würden es wohl die wenigsten und manchen ist es auch gar nicht bewusst – aber die Opferrolle nehmen wir alle gelegentlich ein. Manche  öfter, manche seltener, manche tun sich schwer, sie jemals zu verlassen. Und das fußt sehr oft aus Erfahrungen aus der Vergangenheit – wenn ich zum Beispiel im Teammeeting immer übergangen werde, werde ich daraus lernen „Niemand interessiert sich für meine Meinung und es lohnt sich nicht, wenn ich mich einbringe“. Weitere gut verständliche Gründe für das Einnehmen einer Opferhaltung können sein:


Orientierung: Klare Verhältnisse – wie zum Beispiel „Ich bin das Opfer, die anderen sind Täter“ geben uns Sicherheit und Orientierung, weswegen wir manchmal davor zurückscheuen, diese klaren Rollen zu hinterfragen oder gar aufzugeben.


Entlastung: Wenn wir uns gerade schwach fühlen, kann es entlastend wirken, in eine Opferrolle zu schlüpfen. Denn dann werden keine Erwartungen an uns gestellt – nicht von außen, aber vor allem auch nicht von uns selbst. Wir können uns der Passivität hingeben. Ohne Erwartungen gelingt es uns außerdem oft besonders gut, unseren Gefühlen freien Lauf zu lassen.


Aufmerksamkeit: Wem es schlecht geht, der erhält Aufmerksamkeit von außen. Menschen, die sich um einen kümmern. Das gibt das Gefühl von Geborgenheit. Außerdem steht man im Mittelpunkt. Somit ist die Opferrolle zum Zweck der Aufmerksamkeitsgenerierung eigentlich eine Machtumkehr, bei der das Opfer die Zügel in die Hand nimmt.


Wer sein Leben in die Hand nehmen möchte, der muss die Opferrolle verlassen und Eigenverantwortung leben.



Folgende Ansätze können hilfreich sein, um die Opferrolle abzulegen

  • Infrage stellen: Bin ich wirklich ein Opfer oder entscheide ich mich dazu, Opfer zu sein? Oder spielt mir mein Gehirn vielleicht einen Streich und bewertet Informationen so, dass ich mich dadurch in die Opferrolle gedrängt fühle? Gäbe es vielleicht auch noch eine andere Möglichkeit, die Umstände zu bewerten? Wie würde jemand anderes (eine unbeteiligte Person) die Situation einschätzen?


  • Mir meiner Selbstwirksamkeit bewusst werden: Wir nehmen nie in allen Lebensbereichen eine Opferhaltung ein. Sehen wir uns etwa im Job in der Opferrolle, können wir darüber nachdenken, in welchen Bereichen unseres Lebens wir die Zügel in der Hand haben. Das Mindset und die Selbstwirksamkeit, die wir in diesen Bereichen leben, können wir dann versuchen bewusst in unseren Job zu transferieren. Man spricht hier von Ressourcenorientierung. Wir zapfen also die Ressourcen/Fähigkeiten an, die wir bereits haben und bringen sie in einem neuen Bereich ein.


  • „Was wäre wenn?“ – gerade wenn es uns schwer fällt, uns vorzustellen, unser Leben selbst in die Hand zu nehmen, kann uns diese hypothetische Frage in ganz neue Denkräume führen, die uns der Eigenverantwortlichkeit ein ganzes Stück näher bringen können. „Was wäre, wenn ich mich für die Stelle, die ich schon immer haben wollte, einfach einmal bewerben würde?“


Der Weg aus der Opferrolle variiert von Situation zu Situation und von Person zu Person. Der Schlüssel ist aber in jedem Fall der Wille, aus der Opferhaltung zu treten und der Glaube daran, es auch zu schaffen.

 
 
 

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