Haben wir Einstellungen, Werte, Überzeugungen, handeln diesen aber zuwider, stellt sich kognitive Dissonanz ein. Ein unangenehmes Gefühl, dass wir unbedingt schnell loswerden wollen. Und dafür kennen wir unterschiedliche Strategien, die meist ganz unbewusst eingesetzt werden.
// Eigentlich will ich sparen, aber trotzdem kaufe ich mir das neueste Handy.
// Umweltschutz ist mir wichtig, aber in den Urlaub nehme ich das Flugzeug, nicht den Zug.
// Ich bin absolut fitnessbegeistert, rauche aber trotzdem.
Innere Widersprüchlichkeiten, die wohl die/der ein oder andere aus dem eigenen Leben kennt. Obwohl uns unsere Gesundheit, Zukunftsvorsorge oder die Umwelt wichtig sind, fällt es uns doch schwer, unser Verhalten danach auszurichten. Und greifen wir dann zu den Chips statt der Karotte, sitzen auf der Couch statt dem Hometrainer und nehmen das Auto statt dem Zug, erleben wir das Gefühl kognitiver Dissonanz - ein Zustand, in dem wir uns mit widersprüchlichen Kognitionen (Einstellungen, Werten, Informationen, Absichten) konfrontiert sehen. Diesen Zustand empfinden wir als unangenehm und wollen ihn, klar, schnell loswerden. Dafür eignen sich zwei Wege:
Unser Verhalten so anpassen, dass es unserer Einstellung/unserem Wissen entspricht
Unser Verhalten innerlich so rechtfertigen, dass die Dissonanz, also die Widersprüchlichkeit verschwindet
Der amerikanische Sozialpsychologe Leon Festinger hat den Zustand der kognitiven Dissonanz erforscht. Er schleuste sich selbst in eine Sektengemeinde in Wisconsin ein, die fest davon überzeugt war, dass am 21. Dezember 1954 eine Flut alles Menschenleben auslöschen werde. Nur die Anhänger der Sekte würden durch Außerirdische gerettet werden. Als es am besagten Tag noch nicht einmal regnete und die Welt also nicht unterging, war die Erklärung der Sektenmitglieder nicht etwa, dass sie möglicherweise einer falschen Überzeugung erlegen seien, sondern sie hatten eine andere Erklärung parat: Gott hatte sie und ihren Glauben testen wollen. Kognitive Dissonanz beseitigt.
Und ähnlich gehen auch wir vor, wenn wir uns gegen eine Verhaltensänderung entscheiden…Strategien sind etwa:
Wir meiden Infos, die Dissonanz erzeugen könnten. „Hör‘ mir auf mit dem Klimaschutz. Davon will ich nichts mehr hören.“
Wir reden uns Dinge schön. „So ungesund werden Chips schon nicht sein, Kartoffeln sind ja schließlich ein Gemüse.“
Wir fokussieren unsere Wahrnehmung auf Dinge, die unser Verhalten unterstützen. „In einer Studie habe ich gelesen, dass Schokolade gut fürs Herz sein soll.“
Wir verändern unser Verhalten in einem Bereich und rechtfertigen damit, dass sonst alles bleiben kann wie es ist. „Ich hab‘ eine PV Anlage am Dach, da muss ich mir nicht auch noch Gedanken um Mülltrennung machen.“
Wir schieben die Verantwortung auf andere ab. „Ich kann nur nicht mit dem Rauchen aufhören, weil alle meine Freunde rauchen.“
Wir verschieben in die Zukunft. „Jetzt habe ich gerade überhaupt keine Zeit für Sport. Aber in drei Wochen melde ich mich dann ganz sicher im Fitnessstudio an.“
Diese Strategien sind vollkommen verständlich und nachvollziehbar. Gut ist es aber, sich bewusst zu machen, wann wir uns selbst austricksen und das ein oder andere Mal zu überdenken, ob eine Änderung des Verhaltens doch eine mögliche und vielleicht langfristig lohnendere Alternative ist.
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