Chance Konflikt – Warum Auseinandersetzungen wertvoller sind, als wir denken
- charlotteenzelsber
- 5. Sept.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 7. Sept.
Konflikte sind unvermeidbar. Sie können uns enorm unter Stress setzen – und dann reagiert unser Gehirn oft mit uralten Mustern: Fight (Angriff), Flight (Flucht) oder Freeze (Erstarren). Doch Konflikte sind nicht nur belastend, sondern auch eine große Chance, wenn wir lernen, bewusst mit ihnen umzugehen.

Konflikte entstehen immer dann, wenn Menschen unterschiedliche Bedürfnisse, Interessen oder Sichtweisen haben – und diese Unterschiede nicht mehr „nebeneinander“ stehen können, sondern aufeinanderprallen.
Das kann ganz sachlich passieren, etwa wenn es um Meinungsverschiedenheiten in einer Diskussion geht. Es kann aber auch viel tiefer gehen, etwa wenn Werte oder persönliche Beziehungen im Spiel sind.
Und meistens nährt sich ein Konflikt aus mehreren Ebenen – ein Streit im Team über eine sachliche Entscheidung etwa ist selten nur sachlich, sondern berührt oft auch die Beziehungsebene, strukturelle Themen oder unterschiedliche Wertvorstellungen.
Wenn Konflikte nicht bearbeitet werden, verschärfen sie sich. Manchmal reicht ein klärendes Gespräch oder ein Moment der Reflexion, um sie wieder aufzulösen. Aber je weiter eine Auseinandersetzung eskaliert, desto schwieriger wird es, Verständnis füreinander aufzubringen. Man hört der anderen Person nicht mehr wirklich zu, sucht Verbündete, die Fronten verhärten sich – und irgendwann ist das Gegenüber nur mehr ein:e „Gegner:in/Feind:in“. Spätestens dann kann Unterstützung von außen helfen, etwa in einer Mediation oder einem Konfliktcoaching.
Doch bevor es soweit kommt, können wir selbst einiges tun....
Erste Hilfe in Konflikten
Wenn Emotionen hochkochen, hilft es, kleine „Notfallmaßnahmen“ zu kennen:
Time-Out: Aus der Situation treten, tief durchatmen, sich Zeit verschaffen – etwa indem man sich ein Glas Wasser holt, auf die Toilette geht oder um ein tatsächliches kurzes „Time-Out“ bittet. Diese Zeit gibt Raum, um wieder klar denken zu können.
Schnappschuss: In eine Metaebene gehen und so einen Perspektivwechsel ermöglichen – was würde eine neutrale Kamera gerade sehen? Beobachtung statt Bewertung bringt Distanz zur Situation und eröffnet die Möglichkeit für neue Sichtweisen.
Vom „Du“ zum „Ich“: In Konflikten neigen wir dazu, viele Gedanken und Worte darauf zu verwenden, was die andere Person falsch macht. Stattdessen sollten wir uns überlegen, was die Unstimmigkeit bei uns auslöst – welche Bedürfnisse, Gefühle, Wünsche. Und diese können wir dann auch benennen. So entsteht ein Gespräch über das, was wirklich zählt.
Vom „Ich“ zum „Du“: Wenn die eigenen Bedürfnisse klar sind, sollten wir den Perspektivwechsel wagen: Was könnte hinter der Position der/des anderen stehen? Was könnte ihr/ihm wichtig sein? Wir sollten zuhören, annehmen und versuchen zu verstehen, was die andere Person bewegt.
Diese Schritte helfen, Konflikte zu entschärfen und die eigentlichen Anliegen und Interessen hinter Positionen sichtbar zu machen.
Konflikte als Chance
Meist sind es nicht die „harten Fakten“, die uns verletzen, sondern unerfüllte Bedürfnisse: nach Anerkennung, Zugehörigkeit, Fairness oder Sicherheit. Wer diese Ebene erkennt, kann Konflikte konstruktiv nutzen. Denn dann geht es nicht mehr um Gewinnen oder Verlieren, sondern darum, Lösungen für Unstimmigkeiten zu finden, die für beide Seiten Sinn machen.
Mit etwas Übung lassen sich Konflikte sogar als Lern- und Entwicklungsfeld begreifen:
Wir lernen mehr über uns selbst, unsere Gefühle und Bedürfnisse
Wir reflektieren unsere Sicht auf die Welt – und erweitern sie vielleicht
Wir entdecken die Perspektiven anderer Menschen und entwickeln Empathie
Wir kommen auf neue Ideen und Lösungen
Beziehungen können wachsen, wenn wir schwierige Situationen gemeinsam meistern
Konflikt bedeutet also nicht automatisch Disharmonie. Eher das Gegenteil: So wie in einem Orchester entsteht ein reicher Klang erst durch das Zusammenspiel verschiedener Stimmen. Unterschiedlichkeit macht lebendig – und wenn wir lernen, mit Spannungen konstruktiv umzugehen, wird aus einem Konflikt tatsächlich eine Chance.




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