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Ich seh‘, ich seh‘, was du nicht siehst!

Aktualisiert: 29. Juni

Jeder Mensch hat ihn: den blinden Fleck. Jenen Teil der Persönlichkeit, der von anderen wahrgenommen wird, einem selbst jedoch verborgen bleibt. Wie groß dieser blinde Fleck ist, variiert von Person zu Person.


Wenn wir über uns selbst nachdenken – darüber, wie wir sind, wie wir wirken und was wir tun –, bewegen wir uns im Bereich der Selbstwahrnehmung. Denken andere über uns nach, sprechen wir von Fremdwahrnehmung. Beide Perspektiven können sich deutlich voneinander unterscheiden – je nach Persönlichkeitstyp und Beziehungsqualität.


Ein Modell, das sich mit genau diesen Unterschieden und Gemeinsamkeiten beschäftigt, ist das Johari Fenster – benannt nach den Anfangsbuchstaben seiner Erfinder, Joseph Luft und Harry Ingham.

Es unterscheidet vier Bereiche:


  1. „Öffentlicher Bereich“: in diesen Bereich fällt all das, was wir bereitwillig über uns preisgeben und andere Personen entsprechend wahrnehmen können. Dabei kann es sich sowohl um äußere Erscheinungsmerkmale handeln – also etwa die Art wie wir uns kleiden – als auch um Persönlichkeitsmerkmale und Verhaltensweisen, durch die wir in Erscheinung treten.


  2. „Geheimer Bereich“: Hier befinden sich unsere Geheimnisse – Dinge, die uns bewusst sind, die wir aber nicht mit anderen teilen möchten. Eine gewisse private Gedankenwelt ist gesund und notwendig. Wird dieser Bereich jedoch sehr groß, kann es anstrengend werden, so vieles vor anderen verbergen zu müssen. In vertrauensvollen Beziehungen, in denen wir das Gefühl haben, so sein zu dürfen, wie wir sind, reduziert sich das Bedürfnis, viele Geheimnisse zu bewahren jedoch oft ganz automatisch.


  3. "Unbekanntes": Dieser Bereich umfasst all das, was weder wir selbst noch unsere Mitmenschen wahrnehmen können. In freudscher Terminologie würde man wohl vom „Unbewussten“ sprechen. Es zeigt sich mitunter in Träumen, kann aber auch durch Coaching oder Therapie teilweise erschlossen werden.


  4. Zu guter Letzt, der letzte und diesem Blogbeitrag namensgebende Bereich, der blinde Fleck: Hier liegt das, was andere an uns erkennen, uns selbst aber (noch) nicht bewusst ist – seien es Gesten, Redewendungen, Verhaltensmuster oder Persönlichkeitszüge. Oft sind es Kleinigkeiten, manchmal aber auch tiefer liegende Verhaltensweisen, die anderen aber nicht uns selbst auffallen. Oder die wir vielleicht nicht sehen wollen, etwa weil sie in Widerspruch zu unserem Selbstbild stehen. Oder aus Angst vor Veränderung. Denn wenn wir Neues über uns erfahren, kann das Veränderung nach sich ziehen und bedeuten, dass wir uns auf unbekanntes Terrain begeben müssen. Der blinde Fleck ist zunächst weder gut noch schlecht – er ist ganz normal. Doch wer ihn erforscht, kann viel gewinnen: Persönlichkeitsentwicklung, Einsicht und Verständnis – denn oft  birgt der blinde Fleck großes Potenzial für die Entstehung von Missverständnissen. Ein Beispiel: Eine Person hält sich selbst für gesellig, wird von anderen aber als aufdringlich wahrgenommen – was wiederum zu Irritation auf beiden Seiten führt.


Wie verkleinern wir unseren blinden Fleck?

Wollen wir unseren blinden Fleck verkleinern, können wir das durch Selbstreflexion – und noch wirkungsvoller durch gezieltes Feedback aus unserem Umfeld auf Fragen wie:


  • Wie nimmst du mich wahr?

  • Was sind meiner Meinung nach meine Stärken? Und meine Schwächen?

  • Was zeichnet mich aus?


Besonders wertvoll wird Feedback, wenn es von mehreren Personen kommt – idealerweise aus unterschiedlichen Kontexten – und wir uns nicht auf Einzelmeinungen verlassen.

Aber Achtung: Um Feedback bitten sollte nur, wer auch die Antwort hören möchte, die uns gefallen aber auch missfallen kann.


Und dann? Akzeptieren oder verändern…

Habe ich blinde Flecken erkannt, habe ich die Wahl. Ich kann diese:


Akzeptieren: Erkenne ich bisher unbemerkte Stärken, kann ich sie gezielt einsetzen. Erkenne ich Schwächen, die mich wenig stören, darf ich sie annehmen. Niemand ist perfekt. Stören mich jene Merkmale, Verhaltensweisen und Eigenschaften, die ich nun neu kennengelernt habe aber, so kann ich mich daran machen, diese zu...


Verändern: Dabei hilft vor allem die Identifikation von Mustern. Viele unbewusste Verhaltensweisen werden durch wiederkehrende Auslöser hervorgerufen. Habe ich diese Auslöser identifiziert, kann ich mir gezielt überlegen, welche alternativen Reaktionen ich ein nächstes Mal wählen könnte.


Wir wünschen viel Freude beim Erforschen der blinden Flecken!

 
 
 

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