„Wie kann der das nur machen? Unglaublich!“
Das Verhalten, das manche Menschen an den Tag legen, sorgt bei andern für vollkommenes Unverständnis. Dabei macht es immer Sinn…

„Jedes Verhalten macht in einem ganz bestimmten Kontext Sinn“ – lautet ein Grundpfeiler der systemischen Haltung. Oder anders formuliert: „Hinter jedem Verhalten steckt eine positive Absicht.“ Soll heißen: Niemand handelt grundlos! Auch wenn der Grund einer Handlung oft nicht auf den ersten Blick ersichtlich ist – oftmals auch für die handelnde Person selbst nicht….
In vielen Fällen erwächst Verhalten, das gemeinhin als falsch angesehen wird, aus dem Streben nach Ausgleich (einer der Ebenen, die laut Hellinger Beziehungen grundlegend beeinflussen). Wenn also einem Menschen an einer Stelle etwas Unangenehmes widerfährt, kann es sein, dass er dies an einer anderen Stelle versucht wieder auszugleichen.
Ein Beispiel: Ein Chef schreit seinen Angestellten an. Für den Angestellten eine unangenehme Situation, aber auch der Chef könnte in einer solchen stecken. Er könnte vor der Schreiattacke auf seinen Mitarbeiter zum Beispiel selbst Kritik von seinem Vorgesetzten eingesteckt haben oder vielleicht private Probleme haben. Sein Gefühl der Hilflosigkeit (Ohnmacht) in einer Situation versucht er also durch Machtausübung in einer anderen Situation (auf seinen Mitarbeiter) auszugleichen.
Ähnlich und besonders unmittelbar erfolgt dies auch bei Kindern. Mobbt zum Beispiel ein Kind in der Schule andere Kinder, versucht es auch hier ein Stück weit Macht und Kontrolle auszuüben. Während der Grund dafür gerne und schnell in einer schlechten Erziehung gesucht wird, kann es sich tatsächlich um den Ausgleich eines Gefühls der Ohnmacht handeln, den das Kind an anderer Stelle erlebt – etwa in der eigenen Familie, in der es sich nicht gesehen fühlt oder auch der Schule, in der er der Bewertung der Lehrkraft ausgesetzt ist.
Hinter jedem Verhalten steckt also eine positive Absicht, nicht selten jene, sich selbst zu schützen. Schlechtes Verhalten lässt sich dadurch nicht legitimieren. Aber vielleicht einordnen und so für das Umfeld leichter ertragen!
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